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jeannette schmid  _switzerland  _chelsea gallery  _kontakt chelsea-galerie@bluewin.ch _Telefon ++41 +79 778 92 58


Chelsea Galerie zeigt im H95, Raum für Kultur Jean-Paul van Hoek (A/NL) Malerei   _Yvonne Schroeten (NL) Malerei   _Daniel Ferstl (A) Malerei  _Flyer pdf download 237kb

Vernissage Samstag 10. Juni 17.00 Uhr  _Einführung Martin Rohde Kunsthistoriker
Ausstellung
10. Juni 2006 – 8. Juli 2006  _Öffnungszeiten Dienstag bis Freitag 12–18 Uhr, Samstag 12–15 Uhr  _Art Basel 13.–19. Juni 2006 täglich von 11–19 Uhr

 

  

Einführung von Martin Rohde, Kunsthistoriker zur Vernissage der Ausstellung von Daniel Ferstl
im Rahmen des 'European Art Project', Projektraum der Chelsea Galerie, Basel 10. Juni 2006

 

 

Daniel Friedrich Ferstl

Der junge österreichische Künstler Daniel Ferstl, der zur Zeit noch Student an der Universität für angewandte Kunst in den Fächern Malerei und Trickfilm ist, kommt in mehrfacher Hinsicht aus einer ganz anderen Ecke, zeigt sich aber nicht weniger vielschichtig.
Seine Zeichensprache und auch die Farbwahl sind nicht gerade unauffällig. Comicartig und plakativ wird mit zeitgenössischem Bildgut gespielt, sowohl mit Bruchstücken aus dem alltäglichen Umfeld des Künstlers, als auch mit thematischen Reflexionen. Er arbeitet mit symbolhaften Übertragungen aus der Welt, der von ihm gebrauchten Bücher, Comics, Video- oder Computerspiele. Sie spiegeln sein jetziges Leben und in diesem fühlt er sich wohl.

Wahrnehmungssplitter in Farblandschaften, die auf den ersten Blick hin, chaotisch angeordnet scheinen oder aber einer schwer zu deutenden Anordnung folgen. Damit werden uns ungewöhnliche Bildwelten geboten.

Die Bilder scheinen Rätsel aufzugeben, aber sind sie deshalb auch narrativ? Mit seiner frechen, kindlich anmutenden Art provoziert er natürlich und muss es sich deshalb auch gefallen lassen, dass es Betrachter geben wird, die ihn nicht ernst nehmen, aber das muss letztlich jeder Künstler.

Für Daniel Ferstl sind jedoch Humor, Ironie und augenzwinkernder Witz ein wesentlicher Bestandteil seines Arbeitens. Er malt keine „ernsten“ Bilder und auch seine eingestandene Vorliebe für Kitsch setzt er in diesem Sinne ein. Der Künstler besitzt ein Grundrepertoire von kitschigen Momenten, die er immer wieder als Kontrastmittel in den Bildern einbaut. Das ihn die Ästhetik von Kinderzeichnungen fasziniert, ist nicht erstaunlich. Denn diese arbeiten noch anarchistisch. Meistens fehlt in ihren Bildern eine zwingende Logik und das macht ihren Reiz aus.

 

Ihm liegt das Zeichnerische vielleicht näher als das Malerische und dennoch sind all diese Bilder in der dauerhaften und eher anspruchsvolleren Technik der Ölmalerei entstanden.

Der Ölfarbe werden jedoch durch die Verwendung von reichlich Terpentin unkontrollierbare und deshalb überraschende Momente abgerungen und diese entstehen auch bei der Verwendung von Farbsprayereien, die an einigen Stellen als Gestaltungselemente hinzukommen.

Seine Arbeitsweise gestaltet sich als „Work in Progress“. Als Ausgangspunkt dient häufig eine Idee, die jedoch nicht fix sein muss, sonder im Laufe der Zeit eine eigene Entwicklung durchlaufen kann und vielleicht am Ende zu einer neuen Idee wird.

Zunächst werden durch Grundierungen malerische Flächen gestaltet, die in einigen Fällen durchaus eine eigenständige Aussage entfalten können. Gezeichnete Objekte, die auf diesen Flächen platziert werden, können im Laufe des Entstehungsprozesses auch wieder übermalt werden, wodurch die, wie Störfaktoren auftretenden balkenhaften Farbspuren entstehen.
Das wäre dann die malerische Variante der „delete“-Taste, die aber hier nicht wirklich verschwinden lässt, sondern den Betrachter neugierig macht, auf das, was sich dahinter verbirgt.

Seiner speziellen Arbeitsweise steht eine ebenso spezielle Lebensweise zur Seite. Wenn er beim Malen merkt, dass sich sein Bildspeicher erschöpft hat, dann lässt er den Pinsel und die Leinwand für 2 Wochen ruhen, um wieder im Leben aufzutanken und sich mit Eindrücken aus dem Alltag vollzusaugen. Und dann kann es durchaus wieder für zwei Wochen auf der Leinwand sprudeln.

 

 

In den ersten beiden Bildern sieht er eine Hommage an sein derzeitiges Leben. Das Leben eines jungen Menschen, der sich mit Musik, Comics, Skateboarden, Computerspielen oder eben mit Literatur über Außerirdische beschäftigt. Spaß aber auch Ärger, den er beim Spielen mit seinem derzeitig favorisierten Game erlebt, spiegelt sich unter anderem in dem zweiteiligen Werk. Wie in dem Spiel, scheint sich auf dem Bild ein kleiner Ausgangspunkt zu einem immer größer werdenden Panorama zu entfalten. Einzelne Themen werden aufgerollt, erweitert oder auch wieder fallen gelassen.

Texte werden integriert, die an Graffitis erinnern. Eindrücke aus der Realität werden zwar entlehnt, jedoch nie eins zu eins, sondern eher als Inspiration verstanden und wichtig ist, dass sie weiterentwickelt, angereichert oder verdichtet werden.
So führte z.B. eine lange Diskussion mit einem Kollegen über die mögliche Existenz von Ufos und Außerirdischen zu einer Serie von Arbeiten die wir heute vor uns haben.

Das hintere schwarzgründige Bild ist praktisch der Startschuss zu der Serie von Bildern über Außerirdische, Ufos oder einfach nur Fremdes.

Diese Bilder über Begegnungen mit Fremdartigen verstehen sich nicht als konkrete Stellungnahmen. Er hat sich mit dem Thema auseinandergesetzt und spiegelt seine Erkenntnisse in humorvoller Weise.
Letztlich sind die Phantasien über vermeintliche Entführungen oder Begegnungen mit Außerirdischen Zeichen der ewigen menschlichen Angst vor dem Fremden oder aber auch der Sehnsucht danach, alles könnte doch ganz anders sein. Fremdheit und Unwissenheit gibt es aber auch auf der Erde oder unter Wasser.

 

Wir wissen beinahe ebenso wenig, wie es auf dem Meeresgrund oder in den Tiefen der Erde aussieht, wie wir den Weltraum kaum kennen. Wir sind Taucher im trüben Gewässer, wenn wir uns mit den Geheimnissen der Welt beschäftigen. Verschwörungstheorien, Pläne für Ufos, rätselhafte Spuren - letztlich ist das viel Lärm um nichts und gerade das gefällt dem Künstler.

Um noch einmal auf die vorher gestellte Frage zurück zu kommen, ist diese Malerei narrativ? Auf den ersten Blick scheint das evident, denn es besteht ein großes Angebot an szenischen Konstellationen zwischen Figuren und gut lesbaren Gegenständen. Geschichten ließen sich schon durch das comichafte, leicht die verschiedensten vorstellen, und der Betrachter ist unweigerlich versucht dies zu tun. Aber der Künstler selbst will keine Geschichten erzählen.

Er will eigene Ideen und Vorstellungen zu einem Thema anbieten, was das Publikum daraus macht, ist letztlich nicht sein Problem.
Ich bin zunächst nicht von einem möglichen Verständnis oder dem Lesen von Geschichten ausgegangen, sondern habe mir eher die Frage gestellt, ob ich mich auf diese Bilder einlassen möchte. „please help me“ , so lautet ein Schriftzug auf einem früheren Bild. Schrift und Texte spielen bei dem dritten Künstler eine noch wichtigere Rolle.

 

 

 

 

 

Martin Rohde, Kunsthistoriker